Alltagsszenen waren das erste Genre des Films. Fotografie in Bewegung war aufregend genug, um Eintrittskarten zu verkaufen. Diese Goldgräberzeit endete, das Publikum blieb aus und in den Feuilletons erklärte man Film für tot.
Bis an einem Septemberabend des Jahres 1902, im „Théâtre des Soirée Fantastiques de Robert-Houdin“, ein Filmwunder geschah. Es lief, zum ersten Mal, ein Film, den der Theaterdirektor Georges Méliès produziert hatte: „Le Voyage dans la Lune – die Reise zum Mond“. Im Vorfeld hatte man in Paris wilde Gerüchte gehört: Die Produktion hätte die astronomische Summe von 10.000 Francs verschlungen, die Laufdauer betrüge unglaubliche 18 Minuten und er wäre in Farbe, handkoloriert. Drei ganze Monate hätten die Dreharbeiten gedauert. Dutzende Schauspieler aus dem Theater und Akrobaten von den Folies Bergère würden eine Rolle in dem Film spielen, eigene Masken- und Bühnenbildner hätte Méliès angestellt, zwei Kameramänner und einen Maler. Für die Spezialeffekte wäre sogar eine Raumkapsel auf den Mond geschossen worden.
Alle Gerüchte, bis auf das Letzte, entsprachen der Wahrheit.
Der Film war von Jules Verne inspiriert und noch mit den übertriebenen Gesten des Theaters gespielt. Die Handlung war satirisch, witzig und gespickt mit Spezialeffekten – Tricks und Kniffen, die nur das neue Medium Film leisten konnte. Da explodierten Mondbewohner zu Rauchwolken, die Raumkapsel blieb dem Mann im Mond im Gesicht stecken und tauchte am Ende sogar im Ozean unter.
Méliès verwendete Schnitt und Gegenschnitt, Kameraschwenks, Nahaufnahmen, Kamerafahrten und Doppelbelichtungen, um seine Zuschauer jede Minute mit Staunen und Unglauben zu erfüllen. „Le Voyage dans la Lune“ war, ohne jeden Zweifel, der meistgesehene Film der Jahre 1902 und 1903.
Film erzählte Geschichten.
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