Rama! Lama! Ding Dong?

Heute wollen wir unseren scharfen Blick auf ein Werk richten, dass seltsamerweise in der westlichen Kulturgeschichte völlig übersehen wurde und gar mit Etiketten wie „Doo Wap“ und ähnlichen, lautmalerischen Verniedlichungen abgewertet wurde. Es stammt aus dem Jahre 1957. (Wir empfehlen vor dem Weiterlesen dieses Video zu betrachten.) Hier das Gedicht, penibel ins Deutsche übertragen::

Rama Lama Lama Lama Ding Dong.
Rama Lama Lama Lama Ding.
Rama Lama Lama Lama Ding Dong.
Rama Lama Lama Lama Ding.
U – A – U!
O. O. O. O.

Ich besitze ein Mädchen namens Rama Lama Lama Lama Ding Dong.
Sie bedeutet mir alles! Rama Lama Lama Lama Ding Dong.

Ich werde sie nie freilassen, denn sie gehört mir, nur mir.

Ich besitze ein Mädchen namens Rama Lama Lama Lama Ding Dong.
Sie ist gut zu mir! Rama Lama Lama Lama Ding Dong.

Du glaubst es nicht – dass sie mein ist, nur mein.

Ich liebe sie, liebe sie, liebe sie so.
Und ich lasse sie niemals, niemals gehen.
Ich werde ihr versichern:
Sie gehört mir, nur mir, sie gehört mir, sie gehört mir.
Die ganze Zeit.

Ich besitze ein Mädchen namens Rama Lama Lama Lama Ding Dong.
Sie bedeutet mir alles! Rama Lama Lama Lama Ding Dong.
Ich werde sie nie freilassen, denn sie gehört mir, nur mir.

Bom bom bom:
Ram a-Lam (ding dong)
Ram a-Lam (ding ding dong)
Bom bom bom!

Ich besitze ein Mädchen namens Rama Lama Lama Lama Ding Dong.
Ich werde sie nie gehen lassen! Rama Lama Lama Lama Ding Dong.

Ich liebe sie, liebe sie so und sie gehört mir, nur mir

U. A. U.
Bom bom bom: Ooooh!

Der vom modernen Feuilleton völlig unbeachtete George „Wydell“ Jones ist nicht nur einer der wenigen Vertreter des amerikanischen Dadaismus, er hat uns in seinem bekanntesten Werk auch ein sehr beängstigendes Stück Literatur hinterlassen. Horror-Misogynie. Lautmalerische Lyrik. Psychopathische Poesie.

Da ist also ein junger Mann, der von seiner Freundin singt. Diese, wahrscheinlich gemischt indischer und chinesischer Abstammung, ist eine Lehrerin des tibetischen Buddhismus und sie bedeutet ihm alles. Er liebt sie, denn sie – oder die Meditation? – tut ihm scheinbar gut. Das wäre nicht verwerflich, es könnte sich ja um den unschuldigen Ausdruck pubertärer, sexueller Projektion handeln. Doch: Er hält sie gefangen! Und wird sie nie mehr gehen lassen. Der Autor hämmert uns immer wieder ihren Namen ein, aber mit einer ähnlich brutalen Rhythmik betont er auch:

„Sie gehört nur mir! Ich werde sie nie gehen lassen! Ich lasse sie nicht frei!“

Wie ein grausames Schicksal es will: Tatsächlich verliert sich nach 1957 jede Spur von Rama Ding Dong. Wir finden keine weiteren Hinweise auf ihre Existenz im Netz. Dabei dürfte es sich bei ihr um die erste Lehrerin des tibetischen Buddhismus überhaupt gehandelt haben – doch selbst der Dalai Lama schweigt zu ihrer Existenz.

Bald wird sich George „Wydell“ Jones vom Buddhismus abwenden. Er heiratet eine Frau mit Namen Stella. Nie wieder wird er so einen Hit schreiben, auch wenn er noch zwei Songs mit Ray Charles aufnehmen wird. Er bekommt sechs Kinder und 17 Enkelkinder und leitet die „Jones Gospel Singers“, eine Formation, die hauptsächlich aus seinen Nachkommen besteht, bis er 2008 – von der Welt vergessen, vielleicht verdrängt – in seiner Heimat Ohio stirbt. „Der Himmel ist unser Ziel“ steht auf seinem Grabstein.

Doch wo ist Rama Lama Ding Dong? Die Antwort befindet sich, kaum verschleiert, in den Zeilen des Gedichts, welches ihr „Wydell“ gewidmet hat. Ihr Schüler, ihr Kerkermeister, vielleicht aber ihr Mörder. Hier die Auflösung des grausamsten Rätsels der dadaistischen Lyrik:

Beginnen wir mit dem offensichtlichsten: Der Titel „Lama“ wird immer dreimal wiederholt. Warum? Die Geschichtsschreibung kennt ja auch keine Persönlichkeit „Seine Heiligkeit Papst Papst Papst [Vorname], der [Zahlenwert]“.
Warum 37 sinnlose Wiederholungen? Damit der Code stimmt!

Nimmt man die Zahlenwerte für die Anfangsbuchstaben R, L, L, L, D und D, kommt man auf 18, 12, 12, 12, 4 und 4. Multizipliert man diese Zahlen miteinander – eine gängige Technik der Kabbalistik – erhält man den Wert 497664. Für die Liebhaber der Lyrik, die in der Entstehungszeit dieses Gedichts lebten, wahrscheinlich eine beliebige Zahl. Für uns, die wir im Zeitalter des Geo-Cachings leben, springt die Bedeutung ins Auge: Es handelt sich natürlich um verschlüsselte Geo-Koordinaten!

Den benötigten Zahlenwert zu ermitteln ist ein Kinderspiel: Wir teilen das 497664 durch die verräterisch hohe Anzahl der „Lamas“ und kommen so auf 13450,378. In GoogleMaps (oder einem beliebigen Konkurrenzprodukt) eingetippt, findet man den Wohnsitz eines gewissen Rua Antônio Paradela in Santa Bárbara d’Oest, im Herzen Brasiliens.

Kann man etwas offensichtlicher verbergen? Waren wir alle 65 Jahre blind?

Ich kann hier nur den aufrichtigen Appell an das zuständige CSI São Paulo richten: Verhört diesen Rua Paradela, der in das grausamste Gedicht des Dadaismus codiert ist – es ist dies die letzte Hoffnung der Menschheit und speziell des Lamaismus, endlich ein Verbrechen aufzudecken, welches sich seit 1957 vor unseren allen Augen verbirgt.

Lasst Rama Ding Dong endlich in Frieden ruhen!

2 thoughts on “Rama! Lama! Ding Dong?

  1. RAMA LAMA sendet unrythmisch, aber fortgesetzt Lebenszeichen: Kommt immer wieder bei Rattelsnake Radio – DER morgens-mittags-abends-nachts-Sender. Lohnt sich für alle, die einen guten Musik-Geschmack haben und vor 1950 geboren sind, denn die Genuss-Trefferquote liegt – subjektiv – bei ca. 93,5 % (6,5 %: z.B. Beatles, Roger Whittaker, Gunter Gabriel – brrrr).
    Bin auf Ihren Blog über „Bulwer-Lytton“ gekommen: gerade ausgelesen: „Was wird er damit machen“, kongenial übersetzt von Arno Schmidt – und jetzt bin ich süchtig nach allem, was (das?) mir mehr über B-L erzählt.

    Werde wieder vorbei schauen, wenn ich etwas Aufmunterung zur Nachtzeit benötige. Einstweilen: vielen Dank für fünf Minuten Lächeln/Grinsen/Verwandtheit spüren… Gute Nacht!

    1. Wie bitte? Wie kann man denn die Beatles nicht mögen? (Meine Frau Anders hier ist der gleichen Meinung). Ich unterstelle einfach Unkenntnis des umfangreichen und teils genialen Werkes und wechsele schnell das Thema: Roger Whittaker? Auf den könnten wir uns einigen!
      Vielen Dank aber auf jeden Fall für den allerersten Kommentar dieses Bloga. Das hat mir eine Wette gewonnen. Ein Freund, der im Internet Dinge tut, die er mit dem Begriff „Marketing“ versieht, hat behauptet, dass man heutzutage keinerlei Feedback bekommt, wenn man „einen Blog“ (sic!) schreibt und keinerlei Werbung dafür betreibt. Erstens, weil Blogs eine tote Kommunikationsform seien und zweitens, weil man für Aufmerksamkeit heute zahlen müsste. Ich sage nur: Ha!

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